21.08.2010
Heute wird der Druckwasserreaktor in
Buschehr in Betrieb genommen – in einer Zeit zunehmenden Sanktionsdrucks und
wiederholter Kriegsdrohungen gegen Iran. Dabei ist dieses Atomkraftwerk selbst
kein Stein des Anstoßes, wie auch die USA versichern. Der Westen toleriert
trotz seiner Ablehnung des iranischen Nuklearprogramms diesen Reaktor, weil
Russland das nukleare Material kontrolliert und sich bisher im Sanktionswettlauf
gegen Iran dem Westen gegenüber loyal zeigt.
Dennoch ist die Inbetriebnahme ein
willkommener Anlass, den Konflikt zu verschärfen. Israel fordert die USA auf,
Bereitschaft zu einem Luftangriff – also zu einem Krieg – gegen Iran zu zeigen.
Damit setzt die israelische Regierung um Premier Netanjahu auf eine Eskalation
der Lage im Nahen und Mittleren Osten und erweist sich als gefährlicher
Brandstifter. Das gefährdet die ohnehin fragile Stabilität der Region
zusätzlich.
Bedrohlich muss Iran vor allem die
militärische Einkreisung erscheinen: US-Truppen stehen in Irak, Afghanistan und
im Persischem Golf. Auch Saudi-Arabien rüstet mit US-Unterstützung gegen
Teheran auf. Dagegen hat Iran unter den Nachbarstaaten keine Verbündeten.
US-Präsident Obama hat die Kriegsoption
gegen Iran nicht ausgeschlossen – er will sich die Türen für eine strategische
Neuordnung der Region offen halten. Schließlich verfügt Iran über die
zweitgrößten Erdölreserven der Welt und hat eine entscheidende geostrategische
Position zwischen Irak, Afghanistan, Pakistan und dem Persischem Golf.
So bleibt Teheran nur die verbale Offensive.
Irans Staatschef Ahmadinedschad hat als Reaktion auf die Sanktionen die
Verhandlungen über sein Atomprogramm bis September ausgesetzt. Und Iran hat erklärt,
an der Anreicherung von 20-prozentigem Uran festzuhalten – was nötig für
Brennelemente in einem Reaktor in Teheran ist – sowie eine dritte
Urananreicherungsanlage bauen zu wollen. Wobei dies, bei aller
umweltpolitischen Ablehnung der Atomenergie, aus völkerrechtlicher Sicht
unproblematisch ist – wie auch das sonst bekannte Atomprogramm. Denn nach dem
Atomwaffensperrvertrag, den Iran unterschrieben hat, ist die friedliche Nutzung
der Atomenergie einschließlich Urananreicherung erlaubt.
Überprüfbare Beweise dafür, dass Iran den
Bau einer Atombombe anstrebt, hat der Westen der Weltöffentlichkeit bisher
nicht vorgelegt. Dagegen verletzten die USA und andere Atommächte systematisch
ihre Pflicht zur atomaren Abrüstung, die sich aus dem Sperrvertrag ergibt.
Allenfalls dieses Verhalten ist völkerrechtswidrig zu nennen.
Für die Sanktionen gibt es letztlich keine
Rechtfertigung. Die Europäische Union ist mit ihrer eigenmächtigen Verschärfung
des Sanktionsregimes ohne Not auf den fatalen US-Konfrontationskurs eingeschwenkt,
anstatt eine Vermittlerrolle einzunehmen. Diese haben derzeit nur die Türkei
und Brasilien inne: Sie hatten einen für Iran zustimmungsfähigen
Lösungsvorschlag erarbeitet, der mit den Forderungen des Westens aus dem
letzten Jahr nahezu übereinstimmte. Davon wollen die USA und die EU aber heute
nichts mehr hören. Sie wollen anscheinend den Krieg. Damit setzen sie die
Stabilität der Region aufs Spiel.
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